Weiterbildung

Existenzgründer: Erst verlacht, dann bekämpft, dann anerkannt

Wer Gunter Dueck nicht kennt, der stutzt erst einmal. Soll das jetzt der Hauptredner des Abends sein? Ein Mathematiker, der wie zufällig auf die Bühne schlendert und mit leiser Stimme Geschichten aus seinem Arbeitsleben erzählt?

Wer Gunter Dueck schon einmal gesehen hat, der weiß: Der frühere IBM-Innovations-Chef ist kein Trampeltier, kein schreiender Alleswisser, die man auf Deutschlands Podien und TV-Shows immer wieder findet. Dafür ist der Heidelberger Philosoph, Schriftsteller und Unternehmensstratege viel zu feingeistig.

Austeilen kann Gunter Dueck trotzdem gut. Besonders gegen alle, die neue Ideen verhindern. Und davon gibt es in Deutschland ziemlich viele.

Das Neue und seine Feinde“ heißt das neue Buch von Gunter Dueck. Am Montagabend hat er es in Köln vorgestellt. Eingeladen hatte ihn der Kölner Inkubator und Gründer-Supporter STARTPLATZ. Rund 250 Unternehmer und Technikinteressierte hörten zu, wie der etwas andere „Guru“ die gängigen Gründer-Vorstellungen auf den Kopf stellte.

  • Beispiel Businessplan: Den Businessplan nennt Gunter Dueck „die erzwungene Lüge für die Bank“. Man solle einfach die übliche Gewinnanstiegs-Kurve aus  den Büchern abmalen, um einen Kredit zu bekommen. Mit der Realität habe das wenig zu tun. Denn niemand weiß, ob eine Geschäftsidee wirklich zündet. Das findet man nur in der Praxis heraus.
  • Beispiel Stress: Vor der Startphase sind alle Gründer euphorisch. Sie planen, entwerfen, arbeiten an ihrer Geschäftsidee. Aber am „Tag X“, wenn die Idee auf die Welt losgelassen wird, beginnt der „Tornado“. 100 Prozent Stress, arbeiten, hinterfragen ohne Ende. Mit einem ungewissen Ausgang. Jetzt zeigt sich, wer wirklich Durchhaltewillen hat.
  • Beispiel Anerkennung: Jeder Gründer will, dass seine Idee von den Kunden angenommen wird. Aber so ist es in der Realität leider nicht, sagt Gunter Dueck und zitiert Schopenhauer: „Jede neue Idee durchläuft drei Entwicklungsstufen: In der ersten wird sie belacht, in der zweiten bekämpft, in der dritten ist sie selbstverständlich.“ Viele Gründer ertragen es nicht, jahrelang verlacht zu werden. Man braucht eben auch ein dickes Fell.
  • Beispiel Kunden: Es bringt nichts, seine Geschäftsidee nur seinen Freunden und Freundesfreunden vorzuführen. So bleibt man in seiner kleinen Blase. Überall Schulterklopfer, die einen nicht weiterbringen. Die entscheidende Frage ist: Kauft „da draußen“ auch Otto-Normal-Mensch das Produkt oder die Dienstleistung? Die Menschen sind gemütlich. Sie wollen, dass ein Produkt einfach funktioniert. Sie interessieren sich nicht dafür, wie viel Entwicklungsarbeit ein Gründer in seine Idee gesteckt hat.

In seinem Buch beschreibt Gunter Dueck, wie Innovationen in Unternehmen konsequent verhindert werden. Wie eine Krankheit, die vom Körper bekämpft wird. Viele Unternehmen haben Angst vor neuen Ideen, weil die Folgen unkalkulierbar sind. Vielleicht arbeitet man ein Jahr dran und es kommt nur Mist raus. Wer trägt dann die Verantwortung? Besser alles bleibt beim Alten. Da weiß man, woran man ist.

Wie die Unternehmen, so die Gesellschaft. Mein Eindruck ist: Existenzgründer werden hierzulande häufig belächelt, wenn nicht gar bemitleidenswert angeschaut. „Der hat es nicht geschafft, einen festen Job zu bekommen“, denken manche dann. Siehe Schopenhauer.

Andere finden es unheimlich bis verwirrend, dass es tatsächlich Menschen gibt, die nicht mehr als Festangestellte arbeiten wollen. Weil sie eine gute Idee haben. Weil sie ihre Freiheit lieben und brauchen, um diese Idee umzusetzen. Deutschland kann mit seinen Gründern nicht viel anfangen, weil es Angst vor neuen Ideen hat.

Jeder Existenzgründer sollte schauen, dass er sich neu vernetzt. Dass man sich mit Menschen umgibt, die einen unterstützen und weiterbringen. Und wenn man sich umschaut, findet man viele Menschen, die längst ausgebrochen sind aus der Routine. Die zu neuen Ufern aufbrechen und sich darüber austauschen, sei es in Inkubatoren, in Betahäusern, auf Netzwerk-Veranstaltungen. Zum Beispiel am gestrigen Abend in Köln.

Gunter Dueck auf der Republica 2011: Das Internet als Gesellschaftsbetriebssystem

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Angefangen hat alles mit unserem eigenen Sprung in die Selbstständigkeit. Das war 2008. Im Internet fanden wir nur Seiten in "Amtsdeutsch". Wir gehen einen anderen Weg. Wir wollen verständliche und praxisnahe Tipps geben. Unser Credo: Jeder Mensch kann ein Unternehmen gründen!

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