Erfolgreich selbstständig als Fliesenleger: "Ein respektvoller Umgang ist ein gutes Signal"

Worauf müssen Sie achten, wenn Sie sich als Fliesenleger selbstständig machen wollen? Darauf, dass Sie gutes Geld verdienen. Mit einem richtigen Plan - und den richtigen Kunden. Lesen Sie hier ein Beispiel von einem erfolgreichen selbstständigen Fliesenleger - und weitere Tipps für Ihren Sprung in die Selbstständigkeit. 


Michael Schmiedl (36) hat etwas getan, das viele Selbstständige sich nicht trauen würden. Er hat öffentlich Kunden kritisiert, mit denen er schlechte Erfahrungen gemacht hat. Auf seiner Website schließt er bestimmte Berufsgruppen als Kunden aus. Die Resonanz war enorm.

Wir haben mit ihm über gute und schlechte Kunden gesprochen – und über Warnsignale, auf die man schon im ersten Gespräch achten kann.  

Herr Schmiedl, Sie haben auf Ihrer Website eine Ausschluss-Liste über Kunden veröffentlicht, für die Sie nicht arbeiten möchten – vor allem Audi-Ingenieure. Worüber haben Sie sich so geärgert?

Hauptsächlich über Arroganz. Über Arroganz und Hochnäsigkeit. Die reden ja teilweise mit einem, als wenn sie Götter wären. 

Ihre Aktion hat sehr viel Resonanz bekommen, vor allem im Netz. Was ist denn genau passiert?

Die ersten Jahre eigentlich gar nichts. Der Aufruf steht ja schon recht lange da. Es kam die ein oder andere böse E-Mail von einem Audi-Ingenieur. Aber dann im Dezember 2018 hat wohl irgendjemand einen Screenshot gemacht. Der ist bei Audi herumgeschickt worden, wo auch viele Freunde von mir arbeiten. Und von denen schrieb irgendwann einer: „Das Foto von deiner Website geht hier bei uns in der Arbeit rum.“ 

Und dann brach eine Welle los. 

Ja, das war schon enorm. Nachdem deutschlandweit renomierte Zeitungen und TV Sendungen das Thema aufgegriffen haben. Es kamen bis heute mehr als 6000 E-Mails, es standen sogar Sektflaschen vor der Tür. Ich bekomme auch heute immer noch Anrufe und Glückwünsche. 

Es kommt ja wirklich selten vor, dass Handwerker sich öffentlich negativ über Kunden äußern. Hatten Sie keine Sorge, dass andere Kunden denken könnten: Nachher redet der auch über uns so?

Nein. Überhaupt nicht. 

Warum nicht?

Wir haben hier im Raum Ingolstadt eine Art Zwei-Klassen-Gesellschaft. Das sind auf der einen Seite die Audi-Leute und auf der anderen die Nicht-Audi-Leute. Und hier in der Region wissen die Leute sofort, worum es geht. 

Haben Sie das den Ingenieuren denn vorher auch persönlich gesagt. 

Aber klar. Natürlich. 

Und wie haben sie reagiert?

Die sind dagegen immun. Die hören das ja ständig, aber die ignorieren das. Ich habe vor einem Jahr bei einem Audi-Vorstand gearbeitet. Das war ein sehr guter Kunde. Mit dem habe ich auch über das Thema gesprochen. Und der hat mir bestätigt, dass das so ist. 

Was genau hat der gesagt?

Dass Audi viele Ingenieure rekrutiert, die frisch aus ihrer Ausbildung kommen. Die haben handwerklich gar keine Ahnung.

Glauben Sie, dass es mit den Audi-Ingenieuren so viele Probleme gibt, weil sie selbst nie mit Kunden zu tun haben?

Eher weniger. Ich glaube, das liegt tatsächlich daran, dass das totale Theoriemenschen sind. Die machen ihre Arbeit am Papier und am Computer. Aber handwerklich haben die null Verständnis und auch null Akzeptanz. 

Mit solchen Kunden werden Sie ja auch trotz der Liste weiterhin leben müssen. Haben Sie denn einen Weg gefunden, mit denen umzugehen?

Ich habe natürlich vieles probiert. Eine Möglichkeit ist zum Beispiel, sich schriftlich abzusichern. Aber das Problem ist, selbst dann kommt es mit diesen Kunden zu Streit. 

Woran liegt das?

Na, wenn man sich dann nicht einig ist, gehen sie eben zum Anwalt. Es kommt zu einer Gerichtsverhandlung. Und dann verlieren sie da. Die Richter wissen ja auch, worum es geht. 

Aber in dem Fall wird die Rechnung ja immerhin bezahlt. 

Das schon, aber die Stunden, die ich beim Anwalt sitze, die Zeit, die ich im Gericht verbringe, das sind auch alles Kosten, die nicht berücksichtigt werden – und damit Schäden, die mir entstehen. 

Worauf achten Sie denn, um es mit solchen Kunden gar nicht erst zu tun zu bekommen?

In erster Linie tatsächlich darauf, ob jemand arrogant ist. Wenn ich das Gefühl habe, dass das der Fall ist, dann hat der bei mir schon verloren. 

Wie reagieren Sie dann?

Dann sag ich ihm: leider ausgebucht. Oder: zu schwer für uns. Und dann fahr ich wieder. 

Welche Warnsignale gibt es noch?

Wenn die Leute selbst schon irgendwelche Pläne gezeichnet haben, dann sollte man immer vorsichtig sein. Ich selbst sage mir dann meistens: Finger weg. 

Und was sind gute Zeichen?

Das ist schwer zu sagen. Aber wenn jemand mit einem auf Augenhöhe spricht und respektvoll mit einem umgeht, dann ist das meist schon ein erstes Signal dafür, dass es sich um gute Kundschaft handelt. 

Gehen denn die Audi-Kunden heute anders mit Ihnen um?

Ja, da hat es tatsächlich schon ein paar lustige Situationen gegeben. Man erkennt Audi-Ingenieure ja relativ schnell. Die haben ihren Werksausweis 24 Stunden lang am Gürtel hängen. Neulich ist es mir passiert, dass ich beim Einkaufen einen Audi-Ingenieur sah. Der drehte sich um, und als er mich erkannte, ließ er die Karte gleich verschwinden. 

Die sind jetzt also besonders freundlich zu Ihnen? 

Ich glaube, die sind schon ein bisschen vorsichtiger, weil sie jetzt wissen: Ich habe eine gute Verbindung zu Audi. 

Dann wären es ja eigentlich die idealen Kunden. 

Nee nee, auf gar keinen Fall. Da bleibe ich meiner Linie treu. Ich möchte mit Audi-Ingenieure eigentlich nicht mehr zusammenarbeiten. Wenn ich jemanden persönlich kenne oder er einen sehr guten Eindruck macht, dann mache ich schon eine Ausnahme. Aber oft ist der erste Eindruck eben unter aller Sau. 

Audi hat in Ingolstadt über 44.000 Beschäftigte. Da geht ihnen aber ein großer Teil potenzieller Kunden verloren. 

Ach, wissen Sie. Es kommen jetzt eigentlich mehr Anfragen als vorher. Und wir sind eh schon bis Mitte nächsten Jahres ausgebucht. Das wird mir jetzt übrigens auch vorgeworfen, dass das doch nur ein Werbegag gewesen sei. Aber so was kann man erstens nicht planen, und zweitens ist mein Ausschluß genauso wie er jetzt ist bereits seit 2016 auf meiner Webseite.  

Würden Sie nach Ihren guten Erfahrungen auch anderen Handwerkern und Unternehmern raten, so vorzugehen?

Das hängt von der Branche ab. Ich habe in Ingolstadt zum Beispiel auch einen Fliesenhandel. Da ist das gar nicht nötig. Da können auch Audi-Ingenieure gerne einkaufen. Die kaufen ihre Fliesen und gehen wieder. Da gibt es ja keine Probleme. 

Haben Sie denn schon von anderen Unternehmen gehört, die sich an Ihnen ein Beispiel genommen haben?

Ich habe in den letzten Wochen sehr viele E-Mails bekommen. Zum Beispiel von Audi-Zulieferern, die sich auch jeden Tag mit diesen Theoretikern herumschlagen müssen. Da schrieb einer: Wir würden das ja auch gern machen. Aber es geht leider nicht. Es sind unsere einzigen Kunden. 

Haben Sie Hoffnung, dass sich durch die Aufmerksamkeit, die das Thema bekommen hat, auch für diese Unternehmen etwas ändert?

Für mich persönlich hat sich jedenfalls schon viel geändert. Früher musste ich bei einem Anruf immer erst in Erfahrung bringen, was der Anrufer von Beruf ist. Inzwischen sagen die Leute gleich: Hallo, ich heiße so und so, und ich bin Postbote, nicht Audi-Ingenieur. Das lässt beide Seiten erst einmal schmunzeln und man ist sich eigentlich dann schon so gut wie einig.

Vielen Dank für das Gespräch. 


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